Geliebter Mann
84. Brief
Liebe Leonie
wir sind jetzt in der vierten Woche unserer Corona-Quarantäne, in der ich viel erlernen und erkennen durfte.
Ein einsamer alter gebeugter Mann schreitet, als ob er eine schwere Last tragen würde, langsam auf einem leeren, großen, regennassen Platz auf sein Rednerpult zu. Nur ein Marienbild und ein Kreuz schmücken zusammen mit einer großen rauchenden Weihrauchschale das Bild. „Wach auf, Herr!“, waren die Worte, die mir ins Herz stachen.
„Männer sind Lastentiere und sie kommen oft erst unter einer Last zu ihrer Männlichkeit.“, erklärt Dr. Paul Cullen, Chef der Ärzte für das Leben in Deutschland charmant in seinem Video. Diese Sicht der Dinge durfte auch ich in diesen für mich schwierigen Wochen erkennen. Nachdem ich die ersten 14 Tage der Ausgangsbeschränkungen mit immer wieder aufkommender Panik erlebte, heilte der Segen „Urbi et orbi“ meine Seele.
Mir war es nicht sofort bewusst, aber am nächsten Tag nahm mir mein Mann mit Gesprächen der Zuversicht und dem Ausspruch: „Mit diesem Segen hat sich das Blatt gewendet.“, die Last der Unsicherheit, der Angst und der Verwirrtheit ab. Mir wurde um vieles leichter und meine persönliche Freiheit kehrte umgehend zurück.
„Wach auf, Herr!“, war eine Schlüsselstelle in der Predigt, die der Papst am 27. März 2020 auf dem Petersplatz abhielt. Wach auf, Herr und Jesu Antwort lautete: »Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?«
In Epheser 5,25 heißt es wunderbar: “Ihr Männer, liebt eure Frauen wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen.“ Ruft also auch Paulus die Männer auf, Lasten zu tragen?
Papst Franziskus schließt mit den Worten: „Du aber, Herr, überlass uns nicht den Stürmen. Sag zu uns noch einmal: »Fürchtet euch nicht« (Mt 28,5). Und wir werfen zusammen mit Petrus „alle unsere Sorge auf Dich, denn Du kümmerst Dich um uns“ (vgl. 1 Petr 5,7).
So möchte ich aus dem Gelesenen, Gehörten und Erlebten erkennen, dass es wunderbar für mich ist, meine Last mit jemanden teilen oder sie sogar ganz anvertrauen zu können. Meinem Mann und schließlich und endlich Jesus? Ja diese Erkenntnis ist wertvoll, damit ich meinem Mann, meinen Söhnen und allen Männern ihre von Gott zugedachte Rolle auch wirklich zutrauen kann.
„Nicht das Leiden erlöst, sondern die Liebe, die Liebe Gottes…“,sprach Theodor Haecker beim letzten Treffen der weißen Rose.
Ich wünsche euch diese Liebe Gottes. Ich wünsche euch eine Nähe zum Herzen Jesu, in die wir durch das Mitleiden seiner Passion finden können, um dann am Ostersonntag mit Freude und Ausgelassenheit unsere unbändige Sehnsucht nach dieser Liebe Gottes in unseren Herzen auszudrücken und von Gott selbst stillen zu lassen.
Das alles wünsche ich mir, wünsche ich meiner Familie und das wünsche ich euch!