Tugenden
83. Brief
Liebe Leonie,
in der Mitte unserer dritten Woche der Corona–Ausgangsbeschränkungen, informiere ich mich nicht nur über die Daten und Fakten dieser Krankheit, sondern auch wie diese Maßnahmen uns als Menschen beeinflussen werden und wie wir mit diesen gut umgehen könnten.
So kommt mir das Thema der „altmodischen“ Tugenden gerade recht.
„Tugenden werden von Moralphilosophen und religiösen Denkern als Kerneigenschaften des menschlichen Funktionierens angesehen. Sechs Tugenden tauchen in den historischen und zeitgenössischen Schriften aus verschiedensten Kulturen immer wieder auf: Weisheit, Mut, Humanität, Gerechtigkeit, Mäßigung und Transzendenz“. lass ich in einem Text von Dahlsgaard, Peterson & Seligman, 2005.
In meiner Jugend lernten wir diese klassischen Tugenden, wie Mut, Rechtschaffenheit, Maßhalten, Weisheit, Glaube, Hoffnung und Liebe in unserem Religionsunterricht kennen. Wie die meisten vergaß auch ich, diese Eigenschaften in meinen Leben ganz bewusst einzuüben. Martin Kugler erzählt in seinem Video, dass diese Sieben sogar eine Leichtigkeit des Seins mitbringen können. Der amerikanische Psychiater Martin Seligman gründete mit seinen Kollegen einen neuen Zugang zur Psychologie, die „positive Psychologie“ genannt wird. In dieser thematisiert er die einzelnen Charakterstärken und eben auch die Tugenden.
In diesen sieben Tugenden kann man viele Möglichkeiten zu handeln finden:
Tugend 1: Weisheit und Wissen beinhaltet auch Kreativität, Urteilsvermögen, Aufgeschlossenheit, Liebe zum Lernen und Weitsicht.
Unter der Tugend 2: Mut, der eine emotionale Stärke ist, finden wir Tapferkeit, Ausdauer, Ehrlichkeit und Tatendrang.
Tugend 3: unter Gerechtigkeit finden wir Bürgerverantwortung, Teamfähigkeit, Fairness,
Tugend 4: Mäßigung, ist eine Stärke die Exzessen entgegenwirken kann. Darunter fallen auch Bescheidenheit, Demut, Vorsicht und Selbstregulation.
Tugend 5: Liebe, Menschlichkeit: ist die Fähigkeit zu lieben und geliebt zu werden. Freundlichkeit, Großzügigkeit und jemanden etwas Gutes tun.
Tugend 6: Transzendenz oder Glaube, ist die Fähigkeit uns einer höheren Macht näher zu bringen, Sinn für das Schöne, Dankbarkeit, Religiosität und Spiritualität.
Tugend 7: Hoffnung, das Beste erwarten, und daran arbeiten, es zu erreichen.
Dr. Martin Seligman stellt drei Lebensentwürfe vor: Das angenehme, das gute und das sinnerfüllte Leben. Das sinnerfüllte ist laut Seligmann, der sich auch auf Viktor Frankl, einen österreichischen Psychiater beruft, das wohl nachhaltigste und auch erfüllteste.
In diesen schwierigen Zeiten möchte ich, als Vorbild für meine Familie, bewusst vieles kritisch hinterfragen und ihnen trotzdem die Freude im Alltag vorleben. Vielleicht sind diese 7 Tugenden ein Rezept, um gerade jetzt, in meinem kleinen Kreis, sinnerfüllte Tage leben zu können. Um eben mit Weitsicht und Kreativität zu versuchen, die anstehenden Probleme zu lösen. Mit Mut und Tatendrang dem Gemeinwohl zu helfen und im Glauben an Gott die Liebe zu finden, die es mir ermöglicht, meine Mitmenschen zu unterstützen. In der Bescheidenheit und der Demut das Erreichte für sich sprechen zu lassen und eben durch all das Bewirkte einen Sinn im Leben zu finden, damit wir wirklich in eine hoffnungsvolle Zukunft blicken können.