Für immer verbunden
53. Brief
Liebe Leonie,
„Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen, aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast“. sagt der Fuchs zum kleinen Prinzen.
Doch was heißt: „Zeitlebens, Verantwortlich, Vertraut?“
Auf der Suche nach dem Sinn meines Lebens lernte ich viele „Therapie-Programme“, gute wie schlechte, kennen. Bei einer solchen Exkursion machte ich auch eine Familienaufstellung mit, in der eine Frau ihren Wunsch nach einer gelingenden Partnerschaft formulierte. Wie ihr wisst, werden dabei alle Personen, die das Problem betreffen, durch Stellvertreter aufgestellt. Jirina Prekob, eine bewundernswerte Psychologin, unterstützte diese Frau, nennen wir sie Anna, dabei die Lösung des Problems zu finden. Anna stellte so den ersten Mann auf und Jirina forderte von Anna nachzudenken, ob noch weitere fehlen würden. So reihte sie nach längerem Nachdenken einen Mann nach dem anderen in die Reihe ein. Als etwa 10 Männer stellvertretend in einer Linie standen, erklärte Jirina Anna, sie müsse sich bei jedem einzelnen entschuldigen, bedanken und sich von ihm verabschieden, denn sie sei mit jedem einzelnen noch verbunden. Darum wäre sie auch nicht frei, eine neue Partnerschaft ein gehen zu können.
Ich weiß, diese Methode wird kontrovers diskutiert, aber für mich war es das erste Mal, dass ich mit dieser Erkenntnis konfrontiert wurde.
Oxytocin
Aktuelle Forschungen bestätigen nun das damalige Bild. Anna war mit jedem Mann immer noch verbunden. Durch das Bindungshormon Oxytocin binden wir uns an den anderen. „Als neuronaler Botenstoff reicht die bindende Wirkung des Oxytocins weit über die Mutter-Kind-Beziehung hinaus. Nach dem Sex trägt ein Oxytocinschub bei beiden Partnern zum Gefühl der Verbundenheit bei.“, so in einem Artikel in der FAZ. Darüber hinaus lernte ich in meinem Studiengang Theologie des Leibes, wir würden uns in der körperlichen Liebe an den anderen ganz verschenken. Körperlich, geistig und emotional.
Liebe Leonie,
warum ist mir diese Sichtweise so wichtig? Weil ich glaube, dass vielen Menschen nicht bewusst ist, wie wertvoll Sexualität, dieses Zusammenkommen zwischen Mann und Frau, ist. „Die Moderne muss die Liebe als etwas viel Weiträumigeres denken, als sie es tut.“ so Romano Guardini. Yvonne P. und ich teilen diese Überzeugung mit dem großen Philosophen.
„Körperliche Liebe, liebe Leonie, ist immer Ganzhingabe. Seelisch, geistig und körperlich. Wenn eines dieser drei nicht angesprochen wird und das innere mit dem äußeren nicht gleichgeschaltet ist, dann entsteht eine Lüge. Jeder kann dadurch verlieren. Deshalb ist es wichtig, die richtige Entscheidung zu treffen und Sexualität vielleicht doch nur innerhalb einer geschützten Partnerschaft oder in der Ehe zu leben.
Man sieht nur mit dem Herzen gut!
„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!“ so der Fuchs zum kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry. Deshalb, so meine Interpretation: „Bist du zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast!“.
Alles Liebe Deine Maria
Liebe Frau Schober,
ich weiß nicht mehr wie ich in Ihren E-Mail-Verteiler kam. War es vielleicht über Pater Joachim Richter?
Zunächst einmal mein Glückwunsch für die proffessionalität und Schönheit dieser Seite. Ich habe jetzt mal etwas ausführlicher in Ihren Briefen gelesen. Ich bin durch Schicksalschläge und eine lange Zeit des Leidens sehr gläubig geworden. Nicht um des Glaubens willen, sondern weil ich in der Rückschau sehe was Gott schönes mit mir gemacht hat. Wie ungeheuer schön es ist lieben zu können, auch dort wo diese Liebe nicht erwiedert wird. Damals in der Zeit der Niederlagen und Schicksalschläge hat mich quasi als Höhepunkt meine Frau verlassen und die Scheidung erzwungen. Mein bisher in der Fülle geführtes Leben war innerlich und oft auch äußerlich zu einem Schrei geworden.
Ja ich bin heute dankbar für alles was ich erlebte, aber ich bin auch sensibel geworden für die Zwischentöne, bei den Themen die ich so schmerzhaft erlernt habe. Ich vermisse in manchen Beiträgen die Eindeutigkeit. Denn sonst kann sich doch wieder jeder das „heraussuchen“ was sich für ihn grad gut anfühlt. Doch es gibt immer einen Weg in die Freiheit und Liebe und eine in die Gefangenschaft und in das Verderben. Es gibt zwar schmerzhafte Umwege, aber es gibt keine Weg dazwischen.
Besonders vermisse ich ein klares Bekenntnis zur unauflöslichkeit der Ehe. Denn ich und viele andere die ich in dieser Zeit kennen lernte, können mit ihrem Leben bezeugen, dass gerade eine zeit der Not dazu geeignet ist sich selbst zu wandeln und in der Reinheit, Treue und Liebe zu wachsen. Eine Liebe die insbesondere die Menschen zunächst der eigenen Familie, auch besonders derer die mir weh taten einbezieht und geeignet ist sich immer mehr über ALLE Menschen auszudehnen.
Seien Sie beschützt un gesegnet.
Beste Grüße
Dieter Zwikirsch
Lieber Dieter, vielen Dank für deine Antwort und deine Lebensgeschichte, die du mit uns teilst. In einigen Briefen versuchte ich die Schönheit der Ehe zu beschreiben, wie in https://briefeanleonie.net/briefe/10-brief-hingabe/ oder im Kapitel 17 https://briefeanleonie.net/briefe/17-brief-dynamik-der-hingabe/. In diesem 17.Brief schrieb ich: „Den anderen zu ermutigen, zu stärken und zu fördern, damit er sich entwickeln kann, wie es seinem Selbst entspricht,“ so sollte eine gelungene Partnerschaft gelebt werden.
Doch welchen Unterschied macht es, in einer Partnerschaft ohne Trauschein zu leben oder doch das verbindliche „Ja-Wort“ dem geliebten Menschen vor Gott zu schenken?
1.die Unauflöslichkeit der Ehe, sie ist auf immer ausgerichtet,
2.die eheliche Ausschließlichkeit, ich entscheide mich für einen einzigen Partner,
3.das Wohlergehen meines Partners steht im Vordergrund und
4.beide wollen leiblichen Kindern das Leben schenken.
Die Unauflöslichkeit: Wir bleiben immer zusammen, bis der Tod uns scheidet. Allein dieser Umstand gibt große Sicherheit. Ich werde nie alleine sein – ob jung und hübsch oder alt und nicht mehr ganz in Form, ob guter Dinge oder unleidlich – mein Partner bleibt bei mir, weil er es mir einfach versprochen hat. In der Zeit nach der Geburt eines Kindes beispielweise, ist jede Frau schutzlos, hilfsbedürftig und braucht gerade in dieser Zeit die Gewissheit, nicht allein gelassen zu werden. Gerade schwierige Lebenssituationen, wie Krankheit, Schicksalsschläge oder auch das Älter werden, kann man an der Seite eines geliebten Menschen viel besser ertragen.
Die eheliche Ausschließlichkeit: Die Treue ist ein ganz wesentlicher Aspekt. Denn durch das Wissen, ich bin die Einzige, nur mit mir teilt er diese Verbundenheit, kann ich mich im Leben und in der Sexualität ganz in die Arme des anderen fallen lassen.
Doch du hast Recht, die Ehe war noch kein Hauptthema, wird es aber in diesem Jahr werden, denn Leonie wird mit diesen so wichtigen Fragen konfrontiert.
Ich danke dir von Herzen für Deinen Kommentar und wünsche dir Gottes reichen Segen.
Einen wunderbaren Sonntag
Alles Liebe Deine Maria