Hingabe?
10. Brief
Liebe Leonie,
In dem berührenden Film „Love and other Drugs“ entscheidet sich Jamie, der Protagonist, für seine kranke Freundin, obwohl er davor gewarnt wird und sich bewusst ist, dass dieser Weg ein schwerer sein wird.
Warum hat Mutter Teresa den Weg gewählt, Menschen zu helfen? Nicht nur den Armen zu essen zu geben, sondern auch den sterbenden Menschen in Kalkutta ein würdevolles Ableben zu ermöglichen? Jamie und Mutter Teresa haben sich für die Liebe entschieden und diese Liebe mit ihrer totalen Hingabe gelebt. Sie haben sich sozusagen an die anderen verschenkt.
Und haben sie sich verloren?
Hat sich Sesto, der Geliebte von Vitellia, verloren, als er für sie sterben wollte? Hat sich Jesus verloren, als er sein Leben für uns hingegeben hat?
Nein, in all diesen Beispielen wird ersichtlich, dass es der größte Liebesbeweis ist, wenn man sich an den anderen verschenkt.
Liebe Leonie, im Film, in der Oper und in vielen Situationen im Leben geht es darum, dass man sich selbst finden kann, wenn man sich ganz dem anderen widmet, dem anderen hingibt und verschenkt.
Deshalb gibt es nichts Schöneres, als die drei Stufen der Liebe, Wohlgefallen, Begehren und Wohlwollen, zu durchschreiten, um dann in einer Tiefe und mit einer großen Reife mit dem Partner in der Ehe zur bräutlichen Liebe zu gelangen.
Liebe Leonie, ich brauchte mein Leben lang, um zu begreifen, dass ich Menschen erst helfen, dienen oder lieben kann, wenn ich mir selbst gehöre. Eines ist sicher: Nur wer sich selbst besitzt, kann sich selbst verschenken. Nur wer seine Fähigkeiten, seine Vorlieben, seine Stärken kennt, kann sich wirklich dem anderen hingeben. Wegen dieser Erkenntnis „verschwendete“ ich die letzten 10 Jahre damit, mich selbst zu hinterfragen und bin heute darüber überglücklich, denn so glaube ich, kann ich besser und ehrlicher lieben.
Bis nächsten Donnerstag.